Entwicklung von Prototypen

Was ist ein Prototyp?

Ein Prototyp ist ein dem Hauptprojekt vor- oder nebengelagertes Teilprojekt, in dem isolierte Aspekte der angestrebten Projektziele näher untersucht werden. Das Teilprojekt dient dazu, das Hauptprojekt vorzubereiten oder Risiken bei der Umsetzung des Hauptprojektes zu minimieren.

Die Artefakte (Code, Dokumentation, etc.) von evolutionären Prototypen gehen ins Hauptprojekt ein und werden weiterverwendet. Sie werden deshalb nach den Qualitätsvorgaben und Richtlinien des Hauptprojektes produziert.

Wesentlich häufiger trifft man allerdings die Wegwerf-Prototypen an: Die Artefakte von Wegwerf-Prototypen werden nicht weiter verwendet. Hier zählen nur die bei oder nach der Erstellung gesammelten Erkenntnisse. Bei der Umsetzung können deshalb Kompromisse bezüglich der angewendeten Standards eingegangen werden ("Quick and Dirty").

Die Weiterverwendung von Prototyp-Code ist ein große Versuchung: Der Code ist bereits vorhanden, er funktioniert im Rahmen seiner Aufgaben und er hat viel Geld gekostet. Wenn der Prototyp aber nicht von Anfang an als evolutionärer Prototyp ausgelegt wurde, sollte man von direkter Weiterverwendung des Codes absehen, da die daraus resultierenden Probleme absehbar sind. Durch ständige Erweiterung eines Prototypen erhält man architektonischen Wildwuchs, aber kein marktreifes Produkt. Auch die vorgeblich gesparte Entwicklungszeit wird an anderer Stelle wieder verloren, denn die Qualitätssicherung von solchen "gewachsenen" Prototypen ist oft eine unlösbare Aufgabe.

Prototypen sind politische Projekte und werden genau beobachtet. Die Außenkommunikation und der innere Zusammenhalt des Prototyp-Teams sind deshalb von erhöhter Bedeutung.


Unterschiedliche Arten von Prototypen

Bei großen Projekten werden oft mehrere Prototypen, je nach Projektphase unter unterschiedlichen Zielsetzungen erstellt. Dieses Vorgehen hat sich als besser erwiesen als das Vorgehen, mehrere Zielsetzungen in einem Prototypen zu untersuchen, da es dabei zu Zielkonflikten kommt und Synergieeffekte mit dem Hauptprojekt kaum realisierbar sind. Bei solchen "Multi-Prototypen" werden sehr schnell hohe Entwicklungskosten erreicht ("Eierlegende Wollmichsau"). Etwas, das mit so hohen Kosten entwickelt wurde, darf natürlich nicht weggeworfen werden, sondern muss wiederverwendet werden; mit den bekannten negativen Auswirkungen auf Qualität und Entwicklungszeit. In der folgenden Übersicht sind die unterschiedlichen Arten von Prototypen in ihrer zeitlichen Abfolge im Projekt zusammen mit einigen beispielhaften Zielsetzungen aufgeführt.


GUI-Designstudien

Ausführung als nicht-funktionaler Prototyp mit unflexibler Logik ("hard-coded") oder als mehr oder weniger interaktive Diashow.

Projektphase: Vor dem breiten Start des Projektes.

Zielsetzungen:

  • Kommunikation von Projektzielen
  • Look & Feel Demo
  • Vorprojekte


Vorbereitungen vor dem eigentlichen Projektstart.

Projektphase: Zusammen mit dem Projektstart.

Zielsetzungen:

  • Schulung von Mitarbeitern
  • Aufbau der Softwareentwicklungsumgebung
  • Teambuilding
  • Einführen eines neuen Softwareentwicklungsprozesses
  • Aufbau der Projektinfrastruktur
  • Fachliche Prototypen


Beispielhafte Umsetzung von funktionalen Anforderungen.

Projektphase: Direkt nach dem Projektstart, zusammen mit dem Start der ersten Iteration der Softwareentwicklung.

Zielsetzungen:

  • Abbilden von einzelnen Workflows zur Verifikation des Softwareentwicklungsprozesses
  • Usability-Tests
  • Technische Prototypen, Pilotprojekte


Verifikation der Umsetzbarkeit von nicht-funktionalen Anforderungen.

Projektphase: je nach Zielsetzung,

Zielsetzungen:

  • Technologiestudien: Bewertung und Anwendung von neuen Technologien
  • Machbarkeitsstudien: Untersuchungen zur Umsetzbarkeit von speziellen Problemfeldern
  • Architekturpiloten: Untersuchungen zur Tragfähigkeit der [Softwarearchitektur]
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